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Aktuelles aus der Presse

Wir informieren Sie hier über aktuelle Themen und Aktionen über die in der Presse berichtet wurde:

Mit Bachelor am Wochenbett

Mit Bachelor am Wochenbett Gesundheit

Eine medizinische Ausbildung im Umbruch: Deutschland setzt nun die EU-Richtlinie zur vollständigen Akademisierung des Hebammenwesens um. Im Landkreis Schwäbisch Hall wird das befürwortet. 

Solange es Menschen gibt, gibt es auch Hebammen. Lange war Hebamme in Deutschland ein reiner Ausbildungsberuf. Europaweit setzt er seit 2006 ein Studium voraus. „Deutschland ist das letzte Land in Europa, das die EU-Richtlinie umsetzt. Diese wird von den Hebammen begrüßt“, betont Diakoneo-Pressereferentin Friederike Grünhagen-Wahl.

„Wir Hebammen haben in den letzten Jahren unglaublich dafür gekämpft, das war echt überfällig“, freut sich auch Susanne Otter aus Satteldorf über die politische Entscheidung. Sie war bis vor Kurzem Kreisvorsitzende des Hebammenverbandes. „Nun geht die praxisnahe, bedürfnisorientierte Arbeit mit Schwangeren und jungen Müttern mit einem noch stärkeren wissenschaftlichen Fundament einher. Das ist wichtig und gut“, beurteilt Otter. „Je fundierter unsere Ausbildung ist, desto besser geht es den Frauen und Kindern.“

Seit dem Wintersemester 2020/21 kann man in Baden-Württemberg an der Universität Tübingen sowie an Dualen Hochschulen Hebammenwissenschaft studieren und mit dem Bachelor abschließen. Parallel ist bis 2022 weiter der Beginn einer Ausbildung an einer Hebammenschule möglich. Für beide Ausbildungsarten mit 3000 Praxisstunden gibt es ein Gehalt. „Die Zeit rast: 95 zusätzliche Studienplätze für Studienanfänger möchten wir zum Wintersemester 2021/22 schaffen und einen Masterstudiengang ab dem Sommersemester 2022 starten“, berichtet die Grünen-Landtagsabgeordnete Jutta Niemann. Die Ausbildung erfolgt ab 2023 nur noch an Hochschulen.

„Große Bandbreite“

Eine Herausforderung sei, dass die Akademisierung des Hebammenberufs neben Studienplätzen auch entsprechendes Fachpersonal benötige. „Das Wissen, das den Beruf voraussetzt, hat eine große Bandbreite, die durch eine universitäre Ausbildung nun wissenschaftlich begleitet und belegbar gemacht werden kann. Weiterhin wird ein großer Stellenwert auf die praktische Ausbildung gelegt“, heißt es vom Diakoneo.

Konfliktpotenzial sehe man in der verlängerten Ausbildungszeit. Diese schlage sich bisher nicht in der Vergütung nieder. „Ebenso kommen für die praktische Ausbildung an den Kliniken neue Voraussetzungen hinzu – diese Umgestaltung muss nun entsprechend umgesetzt werden“, so Grünhagen-Wahl.

„Unser Beruf erhält durch die Akademisierung einen neuen Stellenwert“, vermutet die Haller Stadträtin und selbstständige Hebamme Teresa Maier-Öhrlein. „Wir brauchen dringend die medizinische Forschung der Universitäten.“ Allerdings sehe sie es kritisch, dass nunmehr nur noch Menschen mit Abitur oder einer weiteren Ausbildung Hebamme werden können. „Ich habe wirklich tolle Kolleginnen mit unterschiedlichen Schulabschlüssen“, betont sie. „Doch es ist gut, wenn sich grundsätzlich was ändert.“ Maier-Öhrlein hofft, dass so im Kreißsaal mehr auf Augenhöhe gearbeitet werde. „Man merkt, dass da eine Art Machtkampf ist, gerade bei der Schwangerenvorsorge und bei Entbindungen“, seufzt sie.

Zwei Klassen befürchtet

Die Hallerin Lisa Kunz arbeitet als Hebamme im Öhringer Hebammenteam. Sie ist im Vorstand des Fördervereins „Guter Anfang“, der die Hebammenzentrale im Landkreis unterstützt, und seit November Vorsitzende des Kreishebammenverbands. „Manche der Kolleginnen und Kollegen befürchten eine Zweiklassengesellschaft“, weiß Kunz. Doch das Land arbeite bereits an einer Lösung der Nachakademisierung.

Lisa Kunz studiert derzeit selbst berufsbegleitend an der Dualen Hochschule in Stuttgart, um zusätzlich zu ihrem Ausbildungstitel auch den Bachelor als Hebamme zu erhalten. „Gerade das wissenschaftliche Arbeiten wird gelehrt“, berichtet sie. „Ein Studium hat einen besseren Ruf, ist attraktiver. Ich meine, dass sich so viel mehr junge Leute angesprochen fühlen, Hebamme oder Entbindungspfleger zu werden.“

Der Hebammenberuf leidet unter Fachkräftemangel – die Hoffnung ist, dass durch die Akademisierung mehr Menschen den Beruf der Hebamme ergreifen möchten. Derzeit ist es so, dass nicht jede Frau, die eine Hebammenbetreuung benötigt, auch eine Betreuung bekommen kann“, beschreibt das Friederike Grünhagen-Wahl vom Diakoneo ähnlich.

„Wie sich verlängerte und universitäre Ausbildung auf das Gehalt und die Arbeitsbedingungen auswirken wird, bleibt abzuwarten“, blickt Hebamme Susanne Otter in die Zukunft. „Das wird vielleicht der nächste Kampf für die nächsten Generationen“, meint sie.


165 Plätze für Studienanfänger im Land

Der Studiengang Hebammenwissenschaft umfasst das gesamte Spektrum der Hebammentätigkeit und vermittelt eine wissenschaftlich fundierte und praxisorientierte Ausbildung auf Hochschulniveau. Zum Wintersemester 2020/21 ist der dual-primärqualifizierende Bachelorstudiengang nach dem neuen Hebammengesetz gestartet.

„In Baden-Württemberg stehen insgesamt 165 Studienanfängerplätze zur Verfügung. Das ist ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zur Vollakademisierung der Hebammenausbildung in Baden-Württemberg“, betonte Ministerin Theresia Bauer im Dezember 2020. Um den bisherigen Umfang der Ausbildungsplätze zu erhalten, sind in Baden-Württemberg jährlich 260 Studienplätze notwendig.

Etwa 860 Euro Praxisvergütung werden bei dem sieben Semester dauernden Vollzeit- studium pro Monat gezahlt.

HALLER TAGBLATT / HOHENLOHER TAGBLATT / RUNDSCHAU GAILDORF / 23.01.2021  Von Maya Peters  

Susanne Otter, bis vor Kurzem Kreisvorsitzende des Hebammenverbandes.
Bild: Ufuk Arslan
Susanne Otter, bis vor Kurzem Kreisvorsitzende des Hebammenverbandes.
Bild: Ufuk Arslan