Klinikum Crailsheim

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Aktuelles aus der Presse

Wir informieren Sie hier über aktuelle Themen und Aktionen über die in der Presse berichtet wurde:

Auf Sicht in der Pandemie

Corona Der leitende Oberarzt der Intensivstation des Klinikums Crailsheim Wolfgang Reikow berichtet, wie sich der Alltag im Krankenhaus seit Ausbruch der Pandemie verändert hat.

Das Telefon klingelt gefühlt im Fünf-Minuten-Rhythmus“, sagt Wolfgang Reikow. Bei dem Oberarzt, der die organisatorische Leitung der Intensivstation des Klinikums Crailsheim innehat, laufen viele Fäden zusammen – ganz besonders in Zeiten wie diesen, wo die Intensivmediziner und Pflegekräfte seit mehr als einem Jahr um die Leben von schwerkranken Covid-Patientinnen und -Patienten ringen. „Durch die Pandemie hat sich unsere Arbeit verändert“, sagt der Facharzt für Anästhesiologie und spezielle anästhesiologische Intensivmedizin.

 

Erster Überblick

Wenn um 7.30 Uhr Reikows Dienst beginnt, stehen schon die ersten Besprechungen und Kurzvisiten an. Wie haben die Intensivpatienten die Nacht überstanden? Wie geht es den frisch Operierten? Und welche OPs stehen heute an? Wenn sich der Oberarzt einen ersten Überblick verschafft hat, widmet er sich einer Aufgabe, die in der Pandemie unerlässlich ist: der täglichen Statusmeldung der Covid-Fälle und freien Betten an das Sozial- und Innenministerium sowie ans Regierungspräsidium. Außerdem erstattet er der deutschen interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) Bericht.

„Die Datenpflege ist seit einem Jahr mein morgendliches Ritual. Sie ist wichtig, denn sie hilft uns in der Vorhersage: Was wird noch kommen“ Da alle Kliniken im Land einen täglichen Statusbericht in die Datenbanken einspeisen, gibt es einen Überblick, wie die Situation auf den einzelnen Intensivstationen ist und wo es noch freie Betten gibt, in die Patienten verlegt werden können, wenn die eigene Kapazität erschöpft ist.

Die Aussagekraft der Zahlen sei jedoch nur von kurzer Dauer und könne lediglich als vage Größenordnung verstanden werden, erklärt Reikow. „Die Zahl der freien Betten ändert sich im Laufe eines Tages mehrfach. Ein Patient wird verlegt, zwei neue kommen hinzu. So geht das ständig. Man kann sagen: In der Pandemie fahren wir auf Sicht.“

Die große Visite um 8.15 Uhr beginnt mit den schwersten Fällen, den Covid-Patienten. Anschließend kümmert sich Reikow um Verlegungen im Haus oder in andere Krankenhäuser und um die Ausbildung junger Ärztinnen und Ärzte im weiten Feld der Intensivmedizin.

Ein-  bis zweimal in der Woche bespricht sich die Taskforce zur Corona-Situation im Haus. Außerdem gibt es mindestens eine Videokonferenz der Koordinatoren des Clusters Stuttgart/Ludwigsburg, in der sich die Kliniken untereinander austauschen. Einen wichtigen Stellenwert – und viel Zeit – nimmt die Dokumentation der Daten der Beatmungspatienten ein. Die Mittagspause finde oft nur in der Theorie statt, sagt Reikow.

Die Corona-Pandemie hat zu einer Neuerung in der Dienstplanung geführt: Die Präsenz von Fachärzten wurde erhöht. „Nachts und am Wochenende sind jetzt immer zwei Anästhesisten im Dienst: einer im Bereitschaftsdienst in der Klinik und einer als Backup zu Hause im Rufdienst“, erklärt Reikow. „Mit Beginn der Pandemie haben wir schnell gemerkt, dass die Arbeit mit einem Facharzt nicht mehr leistbar ist.“

 

Schicht als Notarzt

Wenn es die Arbeitsbelastung zulässt, übernimmt Reikow, der Notfallmediziner und leitender Notarzt ist, von Zeit zu Zeit gern eine Schicht als Notarzt. „Das ist für mich ein willkommener Ausgleich“, sagt der 51-Jährige, der schon mit 17 Jahren zum Rettungssanitäter wurde und mit zwölf Jahren ins Rote Kreuz eintrat. Für Hobbys bleibe ihm aktuell nur wenig Zeit.

„Ich versuche nicht so viele Probleme mit nach Hause zu nehmen“, sagt er.  „Aber so ganz draußen ist man nie.“ Das liegt vielleicht auch daran, dass er nah am Krankenhaus wohnt. Da komme es schon mal vor, dass sein Telefon klingele, auch wenn er eigentlich frei hat. Trotzdem sagt Reikow: „Ich mache meinen Job gern. Aber es gibt Höhen und Tiefen.“

 

Covid-Patienten liegen meist mehrere Wochen auf der Intensivstation

Chefarzt Dr. Gregor Stohlmann,
Facharzt für Anästhesiologie und spezielle anästhesiologische Intensivmedizin am Klinikum Crailsheim, berichtet, dass aktuell alles getan werde, um das Personal auf der Intensivstation so gut es geht zu schonen. Dazu gehöre etwa, dass zurzeit nur Notoperationen und kleinere Eingriffe durchgeführt werden und ein Teil des OP-Personals auf der Intensivstation eingesetzt ist. „Wir müssen die Versorgung der Nicht-Covid-Patienten ebenfalls stemmen“, sagt Stohlmann.

Die Betten
auf der Intensivstation seien auch in „normalen Zeiten“ überwiegend belegt. Der Unterschied zur aktuellen Situation sei jedoch, dass sämtliche Krankenhäuser am Rande der Kapazitätsgrenze belegt seien und es schwierig ist, Patienten in andere Häuser zu verlegen.

Von den zehn Betten
auf der Intensivstation sind fast dauerhaft sieben mit Patienten belegt, die an Covid-19 erkrankt sind. „Das ist eigentlich zu viel“, sagt Stohlmann. Und: Die Covid-Patienten lägen oft sehr lange auf der Intensivstation, drei bis vier Wochen seien keine Seltenheit. „Wir kämpfen um jeden Patienten“, sagt der Chefarzt. „Manchmal gewinnen wir, manchmal verlieren wir.“

HOHENLOHER TAGBLATT / 27.04.2021 / Christine Hofmann

In Corona-Zeiten findet die Visite auf dem Flur der Intensivstation des Klinikums Crailsheim statt. Erst nach dieser Besprechung werden die Patienten von einem Arzt aufgesucht, um die Keimverschleppung zu minimieren. Heute machen Assistenzärztin Dr. Aleksandra Petrovic, Intensivschwester Kerstin Tippmann, Wolfgang Reikow, leitender Oberarzt Anästhesie und operative Intensivmedizin, und Assistenzarzt Dr. Saif Nasser (von links) die Visite.
Foto: Klinikum Crailsheim
In Corona-Zeiten findet die Visite auf dem Flur der Intensivstation des Klinikums Crailsheim statt. Erst nach dieser Besprechung werden die Patienten von einem Arzt aufgesucht, um die Keimverschleppung zu minimieren. Heute machen Assistenzärztin Dr. Aleksandra Petrovic, Intensivschwester Kerstin Tippmann, Wolfgang Reikow, leitender Oberarzt Anästhesie und operative Intensivmedizin, und Assistenzarzt Dr. Saif Nasser (von links) die Visite.
Foto: Klinikum Crailsheim